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3. Newsletter zum LIFE-Projekt „Siegerländer Kultur- und Naturlandschaften“
Oktober 2023

Dieses Jahr konnte bereits vieles umgesetzt werden

Liebe Projektinteressierte,

nach gut zwei Jahren Projektlaufzeit konnten die Naturschutzmaßnahmen im Projekt deutlich vorangetrieben werden. Hervorzuheben ist hier die Maßnahme C4 (Umwandlung von Fichtenforst in Grünland). Nach der kompletten Entfernung der Fichten auf einer Fläche von über 30 ha, wurden in diesem Jahr im FFH-Gebiet Buchhellerquellgebiet investive Maßnahmen zur Wiederherstellung von Grünland auf insgesamt 16 ha umgesetzt. Eine erste Fläche mit 5,6 Hektar wurde im Frühjahr diesen Jahres zunächst durch Mulcharbeiten vorbereitet, Ende Juni fand dann eine Mahdgutübertragung statt, indem das Mahdgut durch einen Miststreuer gleichmäßig auf der Fläche verteilt wurde. Auf einer zweiten Fläche mit etwa 10 Hektar wurden zunächst noch verbliebene Fichten entfernt. Die Fläche wurde anschließend mit einem Mulcher, Bagger und einem Muldenkipper bearbeitet und geräumt. Das restliche organische Material wurde durch Mulchen in den Oberboden eingearbeitet. Die Freistellung der Fläche legte die Entwässerungsgräben offen, die in der Vergangenheit im Buchhellerquellgebiet errichtet wurde. Ergänzend zu den Maßnahmen im Projekt-Antrag, wurden in Abstimmung mit der Gemeinde Burbach und der Wasserschutzbehörde Maßnahmen zur Wiedervernässung umgesetzt und ein Teil der Entwässerungsgräben wieder verschlossen. Diese Maßnahme soll insbesondere der Förderung von Feuchtgrünland dienen. Nach den Mulchmaßnahmen fand eine Mahdgutübertragung von artenreichen, feuchten Borstgrasrasen (FFH- LRT 6230) statt. Als Spenderflächen für die Mahdgutübertragung wurden Flächen im benachbarten Rheinland-Pfalz (Fuchskaute) gewählt. Diese befinden sich in direkter Nähe zur Maßnahmenfläche und im gleichen Naturraum (Hoher Westerwald). Zudem beherbergen die Flächen an der Fuchskaute eine Population des Goldenen Scheckenfalters (Euphydryas aurinia), die im Projekt als Spenderpopulation dient und ein hohes Vorkommen des Gewöhnlichen Teufelsabbiss (Succisa pratensis) – der Raupennahrungspflanze des Goldenen Scheckenfalters. Abschließend wurde Saatgut von Pfeifengraswiesen händisch nachgesät. Unter anderem auch mit Samen des Teufelsabbiss, um die Lebensräume für die Wiederansiedlung des Falters vorzubereiten. So entsteht ein Synergieeffekt zwischen den Zielen C4 "Umwandlung von Fichtenforst in Grünland" und C6 "Wiederansiedlung des Goldenen Scheckenfalters".

Da der Goldene Scheckenfalter seit 2015 im Kreis Siegen-Wittgenstein als verschollen gilt, wurde bereits im letzten Jahr der Versuch unternommen Raupen aus der Spenderpopulation der Fuchskaute in Rheinland-Pfalz nachzuzüchten. Leider gelang die Nachzucht jedoch nicht, sodass in diesem Jahr eine erneute Entnahme der Raupen notwendig war. Auf den Spenderflächen in Rheinland-Pfalz zeigte sich in diesem Jahr allerdings ein negativer Trend. Auf der potenziellen Spenderfläche „Waigandshain“ konnten in diesem Jahr, wie auch bereits im Vorjahr, weder Falter noch Gespinste ausgemacht werden. Zudem konnten auf der Fuchskaute lediglich 15 Gespinste kartiert werden (in den Vorjahren waren es über 45). In Abstimmung mit Abstimmung mit der SGD Nord und dem dortigen Biotopbetreuer sowie mit dem Projekt „LIFE helle Eifeltäler“ wurde beschlossen eine Rettungsaktion für die Population an der Fuchskaute durchzuführen.

Dazu wurden vier Gespinste mit samt des Gewöhnlichen Teufelsabbiss entnommen und eingetopft und in vier unterschiedliche Nachzuchtstationen gebracht. Zur Förderung der an der Fuchskaute verbliebenen Population wurde ein sogenannter „Booster-Patch“ mit Pflanzen des Teufelsabbiss gepflanzt. Diese Maßnahme hat sich in anderen Projekten als sehr vorteilhaft erwiesen.

Um den Lebensraum des Goldenen Scheckenfalters für die Wiederansiedlung im Projektgebiet vorzubereiten und aufzuwerten, wurden im Buchhellerquellgebiet 100 Patches (mit ca. 1000 Pflanzen) des Teufelsabbiss an ehemaligen Flugstellen und geeigneten Habitaten gepflanzt. Die Pflanzen wurden aus Samen einer Wildsamenkollektion innerhalb der Naturschutzgebiete Buchhellerquellgebiet und Mückewies von zwei Staudengärtnereien vorgezogen. Zusätzlich wurde eine erneute Wildsamenkollektion des Teufelsabbiss für die Nachzucht in 2024 durchgeführt.

Auch in diesem Jahr fand wieder eine Rupfaktion zur Zurückdrängung des Jakobskreuzkrauts statt. Auf den in 2022 gerupften Flächen konnte eine deutliche Abnahme des Jakobskreuzkrauts festgestellt werden. Die Aktion konnte in diesem Jahr auf mehrere Gemeinden ausgeweitet werden. In den Gemeinden Netphen, Burbach und Freudenberg wirkten 52 freiwillige Helfer auf insgesamt 71,5 Hektar Fläche. Begleitet wurde die Aktion vom WDR. Neben dem händischen Rupfen des Jakobskreuzkrauts an unserem Aktionstag, sollte auch die Einsatzmöglichkeit einer sogenannten „Belüftungswalze“ getestet werden. Nach Aussagen von Landwirten konnte auf anderen Flächen eine deutliche Reduktion der Pflanze beobachtet werden, wobei keine Daten zur Pflanzengesellschaft an sich vorliegen. Um eine Beeinträchtigung anderer Pflanzen zu vermeiden, wurde ein Testlauf gestartet, bei welchem eine stark befallene Fläche in Streifen unterteilt wurde. Diese Streifen wurden dann jeweils abwechselnd mit der Belüftungswalze bearbeitet oder ausgespart. Aus dem Vergleich der Streifen lassen sich dann Auskünfte über die Auswirkungen auf das Jakobskreuzkraut und andere Blütenpflanzen ziehen, was im Rahmen einer Bachelorarbeit untersucht wurde.

Eine weitere Maßnahme, die durchgeführt wurde und vor allem Insekten und Bodenbrütern zugutekommt, ist die Auszäunung von mehreren 10 m x 10 m Wechselbrachen im Buchhellerquellgebiet und Wetterbachtal.

Im Bereich der Flächenakquise (B1) konnten im Grünland bereits ca. 9 ha Land für die NRW Stiftung erworben werden. Im Waldbereich konnten rund 2,4 ha erworben werden, somit wurden bereits mehr als 11 ha Fläche für den Naturschutz gesichert.

Nach der Umsetzung von größeren Maßnahmen im Bereich des Grünlandes widmet sich das Projekt nun verstärkt den geplanten Maßnahmen im Wald.  Zur Förderung von Altwald (C1) und Laubwald (C2) konnten bereits 3,3 ha Wald gekauft werden. Diese Flächen sollen dauerhaft aus der Nutzung genommen werden. Zur Förderung von Altwald findet aktuell die Auswahl und Markierung von Strukturbäumen (Habitat- und Höhlenbäume) statt sowie erste Absprachen mit Waldbesitzer zum Kauf von Strukturbäumen sowie eine Einrichtung von Sensitivflächen. Im Rahmen der Maßnahme C2 (Förderung von Laubwald) wurden bereits im letzten Winter 4 ha im Buchhellerquellgebiet mit Erlen bepflanzt. Zeitnah sollen im Buchhellerquellgebiet weitere Flächen in Laubwald umgewandelt werden. Zudem finden derzeit Absprachen mit einzelnen Waldgenossenschaften zur konkreten Initialpflanzung mit Laubbaumarten statt. Zur Förderung von Mittelwald wurde ein Green-Label und ein Konzept erstellt. Unter dem Motto „Hauberg 2.0“ soll den Waldbesitzern im Siegerland das Konzept nah gebracht werden. In Kooperation mit der Gemeinde Burbach wurden in Holzhausen Flächen für die Einrichtung des geplanten Demonstrationsplots ausgewählt. Aktuell findet eine Abstimmung über die geplanten Maßnahmen statt, die in Kürze umgesetzt werden sollen. Zudem werden mit zwei Waldgenossenschaften Maßnahmen zur Förderung von Mittelwald geplant.

Weiterhin wurde das Faltblatt „Alte lichte Wälder“ erstellt, das zur Information über lichte und artenreiche Wälder dienen soll. Die digitale Version des Faltblattes ist dem Newsletter beigefügt.

Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit wurde der Ansatz „LIFE4Siegerlandscapes digital begreifen“ vorangetrieben. Im Zuge dessen wurden Horst- und Höhlenbaumkameras sowie Sensoren an einer Eiche und einer Buche im Vogelschutzgebiet in Burbach angebracht, sogenannte „Twittering Trees“. Diese Sensorik ermöglicht in Echtzeit die genaue Messung und Darstellung der Reaktionen der Bäume auf bestimmte Parameter wie Hitze oder Trockenheit. Dazu wurde jeder Baum mit einem Saftflusssensor ausgestattet, welcher ermittelt, wie viel Wasser ein Baum im Laufe des Tages verbraucht oder ob er unter Trockenstress leidet. Zusätzlich wurde ein sogenanntes Dendrometer (Messgerät zur Umfangsmessung) angebracht. Mithilfe von millimetergenauen Messungen kann so gezeigt werden, dass der Stammdurchmesser eines Baumes im Laufe eines Tages variieren kann, da der Baum im Laufe des Tages Wasser durch Transpiration verliert. Alle Daten werden über eine Logger gespeichert und auf einen Server übertragen, die dann eingesehen werden können. Die Installation wurde vom WDR5 begleitet. Zur besseren Darstellung der Daten arbeitet das LIFE-Projekt direkt mit dem Projekt „Natur digital begreifen“ zusammen, welches einen vergleichbaren Ansatz im Tiergarten in Siegen verfolgt. Um eine gemeinsame Homepage (https://www.natur-digital-begreifen.de/) können interessierte Besucher beispielsweise sehen, wie es den Bäumen im Tiergarten im Vergleich zum Vogelschutzgebiet ergeht. In kürze werden weitere Module dazu kommen.

Für die Horst- und Höhlenbaumkameras wurde zudem auf der Projekthomepage eine Bildergalerie eingerichtet, um die sonst verborgenen Prozesse im Leben unserer Zielarten sichtbar zu machen. Erfreulicherweise hat sich auch ein Rotmilan-Pärchen in einem Horst niedergelassen und Nachwuchs bekommen. Umso erschreckender war, dass kurz nachdem die Nestlinge geschlüpft waren, die Kamera das traurige Bild der toten Mutter im Nest übermittelte. Mit Hilfe eines professionellen Baumkletterers konnte das tote Tier geborgen und die Jungtiere gerettet werden. Durch die verkrampfte Haltung des Muttervogels bestand schnell der Verdacht einer Vergiftung, was der darauffolgende toxikologische Befund bestätigte. Das Rotmilanweibchen starb aufgrund von zwei in der EU verbotenen Insektiziden, E 605 (Parathion) und Diazinon. Die Polizei wurde eingeschaltet, hat die Ermittlungen inzwischen aber eingestellt Die beiden Jungtiere haben glücklicherweise überlebt und wurden zur Aufzucht und späteren Auswilderung an die Bergische Greifvogelhilfe in Rösrath übergeben und konnten sich gut entwickeln. Im September wurden die beiden Greifvögel zusammen mit ihren anderen Artgenossen in der Station in die freie Wildbahn entlassen. Zurzeit halten sie sich noch in der Nähe der Station auf und kommen dorthin zurück, um sich ihre Nahrung zu holen. Es bleibt nun abzuwarten, ob sie sich für den Winter einer anderen Gruppe Rotmilane anschließen, um nach Südwesten zu ziehen oder den Winter weiter in Deutschland verbringen.

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit fand ein Workshop zum Thema Extensivgrünland in Burbach-Niederdresselndorf mit über 75 Teilnehmenden aus Behörden, Landschaftspflegeverbänden, Naturschutzverbänden, Biologischen Stationen und Landwirtschaft statt. Am ersten Tag wurden Fachvorträge zu verschieden Themen rund um das Thema Extensivgrünland angeboten und angeregt diskutiert. Am zweiten Tag fand eine Exkursion in die FFH-Gebiete Buchhellerquellgebiet und Weier-Winterbach, wo die Teilnehmenden Einblicke in die bereits umgesetzten Maßnahmen im LIFE-Projekt bekamen.

Die Biologische Station veranstaltete zusammen der Vogelschutzwarte im LANUV, dem NABU-Landesverband Nordrhein-Westfalen und der Nordrhein-Westfälischen Ornithologengesellschaft eine Fachtagung zu Ehren des diesjährigen Vogel des Jahres – dem Braunkehlchen. Die Population des Braunkehlchens im Kreis Siegen-Wittgenstein macht etwa 60% des NRW-Bestandes aus, weshalb auf der Tagung in verschiedenen Fachbeiträgen über die aktuelle Situation des Braunkehlchens und vor allem über verschiedene Konzepte zum Schutz der Art im südlichen Siegerland diskutiert.

Zu der Braunkehlchen-Tagung wurde ein Beitrag in „Natur in NRW“ veröffentlicht: https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/5_natur_in_nrw/H3-23/NaturinNRW-H3-23.pdf#page=22 

Außerdem wurde ein Fachbeitrag über das Projekt „Rückenwind für herausragende Arten der FFH- und Vogelschutzrichtlinie“ im Natur in NRW Heft Nr. 2/2023 veröffentlicht: https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/5_natur_in_nrw/H2-23/NaturinNRW-H2-23.pdf#page=26

Das Projektgebiet wurde auch von Studierenden der Universität Hildesheim besucht. Hierbei wurde insbesondere auf die bereits umgesetzten Maßnahmen im Projekt eingegangen. In Ergänzung dazu fand ein „Leuchtabend“ im Buchhellerquellgebiet statt, bei dem die Studierenden und auch andere interessierte Teilnehmende mit Keschern und Bechergläsern Nachtfalter fangen konnten. Zwei Leuchttürme auf dem Bahndamm wurden als Köder eingesetzt und ein fachkundiger Experte half neben der Bestimmungsliteratur dabei, die Falter zu identifizieren. Der Leuchtabend sorgte neben unterhaltsamen Erfahrungen für ein stärkeres Bewusstsein der heimischen Insektenwelt und Naturschutz. Das Projekt hat außerdem den Auftakt des Naturwinkel Hickengrund Projekts mit einem Infostand des LIFE-Projektes unterstützt. Mit dem Projekt wurden zwei Kooperationsveranstaltungen für Kinder durchgeführt, in denen die jungen Teilnehmer sich unter anderem im Kescherfang und der Identifizierung von Tagfaltern üben konnten.  Ende August und Mitte September fanden zwei Exkursionen im Buchhellerquellgebiet, unter anderem mit einer kirchlichen Austauschgruppe aus Tansania statt.

Im Rahmen des Projektes werden regelmäßig Masterarbeiten ausgearbeitet. Aktuell läuft eine Masterarbeit zur Einrichtung der Lehr- und Entdeckerpfade., Hierbei soll mittels Fragebogen evaluiert werden, was sich insbesondere Eltern mit Kindern für einen interessanten und lehrreichen Waldspaziergang wünschen. Zwei weitere Masterarbeiten zu den Themen „Populationsentwicklung von Braunkehlchen“ und Vermarktungspotenzial für Holz aus mittelwaldartiger Waldwirtschaft“ befinden sich im Anfangsstadium

Eindrücke zu den Maßnahmen im Sommer und Herbst 2023

Im Folgenden sehen Sie einige Impressionen der bisherigen Geschehnisse im Projektgebiet.
Alle aktuellen Meldungen sowie ausführliche Informationen zum Projekt LIFE 4 Siegerlandscapes und unser Veranstaltungsprogramm für das Jahr 2024 (sobald die genauen Termine feststehen) finden Sie auf unserer Interntseite www.life4siegerlandscapes.de. Viel Spaß beim Stöbern!

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